Wald-Skandal in der Wentorfer Lohe bei Hamburg

„Klimaschutz“ – alles nur leeres Gerede? Natursünde in der Wentorfer Lohe bei Hamburg! Die Politiker in Berlin reden ständig vom „Klimaschutz“ – jeder Bürger soll mit „anpacken“. Man redet von „Glühbirnen“, die verboten werden sollen, redet vom Schutz des Regenwaldes usw. – „Klimawandel“ ist zur Zeit „In“. Damit kann man gut auf Wählerfang gehen. Nur wie kann es dann angehen, dass es erlaubt sein soll, wegen der angeblichen „Verkehrssicherheit“, dass teilweise über 100 Jahre alte gesunde Eichen gefällt werden dürfen?

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Rücksichtlos abgeholzte Bäume in der Wentorfer Lohe – Foto: Siefken

Die Abholzung des Waldes in der „Wentorfer Lohe“ bei Hamburg stößt auf immer mehr Empörung und Unverständnis bei den Bürgern. Wieso dürfen alte Bäume einfach so abgeholzt werden? „Klimaschutz“ – alles nur leeres Gerede? Die folgende Bilderdokumentation zeigt auf, dass hier auch völlig gesunde Bäume rücksichtslos gefällt wurden!

Wentorf/Wohltorf/Börnsen: Die Wentorfer/Wohltorfer Lohe, ehemaliges Truppenübungsgelände, steht in der Nachrückerliste für das Programm Nationales Naturerbe. Dieses sieht die Übertragung bundeseigener Flächen in Länderbesitz zu Händen der Naturschutzstiftungen vor. Eine Übergabe würde den Status als Naherholungsgebiet auf Dauer sicherstellen, ein Zeitpunkt ist allerdings noch nicht festgelegt. Die jetzt seit etwa zwei Monaten laufenden Fällarbeiten haben jedoch Naturschützer und Erholungssuchende alarmiert. Wurde zunächst von der Forstbehörde glaubhaft versichert, es würde nur eine Pflegemaßnahme stattfinden, so wurde bald klar, dass hier eher von einem schnellen Ausräumen kurz vor der Übergabe die Rede sein musste.

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Hat diese alte Eiche vielleicht schon zu Zeiten Napoleons gestanden? Egal, jetzt stellt sie eine „Verkehrsgefährdung“ dar und muss sterben. Foto: Siefken

Nicht nur Erholungssuchende, auch der Naturschutzwart und Kreistagsabgeordnete der Grünen, Klaus Tormählen, sowie der Lohe-Anlieger Sören Kuhrt, beide aus Börnsen, waren empört. Handlungsbedarf war angezeigt. Recherchen beim Bundesamt für Naturschutz ergaben, dass die Fällaktion nicht rechtens war. Es existiert nämlich ein Abkommen zwischen Naturschutzamt und der Bundes-Vermögensabteilung, dass eine Entwertung der zukünftigen Naturerbe-Flächen durch kommerzielle Baumentnahme ausgeschlossen wird. Die Bundesbehörde verfügte nach der Inkenntnissetzung durch den Naturschutzwart einen Stopp der Baumfällung. Versprochen wurde, nur noch „verkehrsgefährdende“ Bäume zu beseitigen.

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Die Bundeswehr ist zwar lange weg und zur Zeiten der Bundeswehr sah es in der Wentorfer Lohe besser aus als auf diesem Schlachtfeld. Foto: Siefken

Als die ausführende Firma trotz Sägeverbot weitermachte und wertvolle Eichenstämme fernab der Wege im Rekordtempo abnahm, taten sich spontan Bürger, Vertreter der Grünen und Mitglieder der Naturschutzverbände aus Börnsen und Umgebung zusammen und planten eine Protestaktion. Am Montagmorgen, dem 28. Januar zogen sie mit Plakaten und Schildern in die Lohe zur „Mahnwache“. Doch der Sägetrupp erschien nicht. Dafür stieß Wentorfs Bürgermeister Mathias Heidelberg hinzu. Er wurde von der Gruppe aufgefordert, die Forstbehörde zu kontaktieren und das Ausmaß der chaotischen Fällaktion anzuprangern. Wenig später kam von der obersten Forstbehörde die Mitteilung, dass ein absolutes Arbeitsverbot verhängt worden sei. Lediglich die Abfuhr des Schreddergutes dürfe fortgesetzt werden. Für die nächste Woche wurde eine Ortsbesichtigung mit Vertretern von Bund, Land und dem örtlichen Naturschutzwart festgesetzt, nach der dann über das weitere Vorgehen entschieden werden soll.

6. Februar Ortstermin Lohe: Raubbau geht weiter!

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Auch gesunde alte Eichen wie diese wurden gefällt! Foto: Siefken

Bei dem Ortstermin haben die Vertreter der Bundesforstbehörde angekündigt, den Kahlschlag fortzusetzen. Sie begründen die Maßnahme mit der Verantwortlichkeit für Verkehrssicherheit. Es hätte sich in Verfahren gegen Waldbesitzer gezeigt, dass das Waldgesetz („Betreten auf eigene Gefahr“) für die Gerichte nicht maßgeblich sei, sondern das Bürgerliche Gesetzbuch. Danach sei ein Besitzer von Eigentum verpflichtet, Schaden von den Menschen abzuwenden. Deshalb müsse radikal alles tote Holz an Wegen entfernt werden. Dazu solle in gewissen Abständen zwar ein Baum stehen bleiben, aber die Bäume drumherum müssten gefällt werden, damit später mit der Hebebühne die toten Äste entfernt werden können. Das Programm Naturerbe sei für die Förster nicht bindend, da kein schriftlicher Vertrag vorliege.

Weblink: www.gruene-kv-lauenburg.de

Update: 27. Februar 2008 – Stellungnahme zur „Wentorfer Lohe“ Bündnis 90/Die Grünen, Detlef Matthiessen:

Die Verkehrssicherungspflicht darf kein Freibrief sein, um fröhlich die Säge zu schwingen
Im Bereich der „Wentorfer Lohe“ im Kreis Lauenburg sowie an der B76 wurden in den vergangenen Wochen massiv alte Bäume gefällt. Die zuständigen Behörden begründeten dies mit der „Verkehrssicherungspflicht“. Dazu erklärt umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Detlef Matthiessen:

„Verkehrssicherungspflicht“ bedeutet, dass der Verkehr vor herabfallenden Ästen oder morschen Bäumen geschützt werden soll. Ein Waldweg muss nicht gesichert werden wie eine Autobahn. In den vorliegenden Fällen wurden die Pflegemaßnahmen von Fremdfirmen  durchgeführt, die mit Holz bezahlt wurden. Daher waren sie besonders an alten, wertvollen Bäumen interessiert. Es ist zynisch, wenn dies als „Knickpflege“ bezeichnet wird. Die Verkehrssicherungspflicht darf kein Freibrief sein, fröhlich die Säge zu schwingen, um wertvolles Eichenholz auf dem Holzmarkt zu versilbern.

Ich erhebe schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung: Sie sieht diesem seit Wochen bekannten Raubbau in der „Wentorfer Lohe“ tatenlos zu. Herr von Boetticher muss seinen Einfluss auf die Bundesforstverwaltung und den Landesbetrieb Straßenbau geltend machen, um den Raubbau an den wertvollen Bäumen zu stoppen.

Update: 28.Februar 2008: Die BUND-Landesvorsitzende Sybille Macht-Baumgarten äußert sich zur „Wentorfer Lohe“:

BUND: Abholzen des Nationalen Kulturerbes „Wentorfer Lohe“ sofort stoppen!

Trotz erbitterter Proteste der Bevölkerung räumen die Bundesforsten seit Tagen auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz „Wentorfer Lohe“ vor den Toren Hamburgs brutal die alten Eichen und Buchen ab – ehe sie den 240 Hektar-Wald an das Land Schleswig-Holstein als „Nationales Naturerbe“ abgeben müssen.

Die Proteste auch von Bürgermeistern, Kreis- und Bundestagsabgeordneten spornen nur zu noch schnellerem Abräumen an.

„Zynisch und wider besseres Wissen deklariert der Bundesforst die Waldverwüstung als fürsorglichen Schutz der Spaziergänger vor evtuell herabfallenden Ästen im Rahmen ihrer „Verkehrssicherungspflicht“, kommentiert die BUND-Landesvorsitzende Sybille Macht-Baumgarten. „In Wahrheit macht der Bundesforst kurzfristig Kasse auf Kosten des Nationalen Naturerbes.“ Was die Zentrale der Bundesförster in Hannover dabei „übersieht“: Im Schleswig-Holsteinischen Landeswaldgesetz von 2004 ist die Verkehrssicherungspflicht für Waldeigentümer abseits von öffentlichen Verkehrsstraßen in § 19 ausdrücklich aufgehoben worden.

Offensichtlich nicht zufällig ist bei dieser Affäre das Abtauchen der für den Schutz des Waldes in Schleswig-Holstein zuständigen Stellen wie Untere Naturschutzbehörde, Forstaufsicht und Umweltministerium. Das Umweltministerium und die Untere Naturschutzbehörde Ratzeburg bescheinigten, dass alles in Ordnung sei. Aus Kreisen im Umfeld des Umweltministers verlautet, dass der Minister nicht gegen etwas einschreiten könne, was er demnächst mit den eigenen Landesforsten auch vorhabe. Die schleswig-holsteinischen Landesforsten sind ab Januar 2008 eine gewinnorientierte „Landesanstalt“ geworden, die bisherige Vorbildfunktion des Waldgesetzes wurde aufgehoben.

„Wie heute in der Wentorfer Lohe werden bald in der neuen Schleswig-Holsteinischen Landesforstanstalt die alten Eichen und Buchen fallen, um kurzfristige Gewinne zu Lasten einer naturnahen und nachhaltigen Entwicklung unserer Wälder einzufahren.“, befürchtet Macht-Baumgarten. „Wir fordern Minister von Boetticher dringend auf, umgehend diese Abholzaktion zu stoppen und den Wald für die erholungsuchenden Bürger und die kommenden Generationen zu erhalten!“

Die „Wentorfer Lohe“ gehört zu jenen 125.000 Hektar bundeseigener Flächen, die nach Beschluss der Bundesregierung als vorbildlicher Beitrag zur Sicherung der Biologischen Vielfalt in Deutschland als „Nationales Naturerbe“ dauerhaft in hoher naturschutzfachlicher Qualität sichergestellt werden sollen. Dazu gehört auch das „Grüne Band“ entlang der früheren innerdeutschen Grenze.

Das Bundesumwelt- und das Bundesfinanzministerium (mit den Bundesforsten) hatten schon 2006 vereinbart, diese Flächen sofort zu sichern und in ihrem Naturschutzwert zu erhalten. Nun haben die Bundesforsten, neuerdings als Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BfI) organisiert, jetzt noch schnell fast alle alten, verkaufsfähigen Eichen und Buchen gefällt und verkauft. Zurück bleiben jüngere, naturferne Fichten- und Lärchen-Monokulturen.

Diese werden dann als „gesamtstaatlich repräsentative Naturschutzflächen des Bundes“ an die Landesstiftung Naturschutz Schleswig-Holstein übergeben – als abgeholzte Forstfläche und als Schandmal für ein Nationales Kulturerbe.

Weblink: bund-sh.de

10 Gedanken zu „Wald-Skandal in der Wentorfer Lohe bei Hamburg“

  1. Das erinnert mich irgendwie an die Japaner, die ja auch nur zu „Forschungszwecken“ Wale jagen – und nicht etwa mit einem kommerziellen Hintergrund. Ähnlich dieser Fall: Durch die Fällung der Bäume wird die „Verkehrssicherheit“ verbessert – und nicht etwa Holz zum Verkaufen geschlagen. Traurig, traurig…

    Falls es eure Zeit erlaubt: Am besten alles ausführlich dokumentieren, viele Fotos schießen, Protokolle schreiben etc. Vielleicht reicht es für eine Anzeige wegen bewussten Ignorierens der Bestimmungen…

  2. Dank massivem Widerstand ist die Aktion momentan gestoppt. Die von der Forstbehörde genannten Begründungen sind alle nicht zutreffend.

    Eine Dokumentation darüber ist geführt worden.

  3. Ich finde es schon ein starkes Stück, was sich der Staat da meint leisten zu können.
    Wenn ich als Privatmann Äste aus meiner Linde sägen lassen will, die über die
    Straße hängen und eine Gefährdung für den Verkehr sein könnten, muß ich mir beim Umweltamt
    eine gebührenpflichtige Genehmigung holen. Diese wird aber nur erteilt, wenn ein befür-
    wortendes Gutachten eines Baumsachverständigen (natürlich verbunden mit einer saftigen
    Gebühr- vorliegt.

    Die Verkehrssicherungspflicht liegt zwar beim Eigentümer des Baumes, der
    aber vom Staat bzw. der Gemeinde bevormundet wird. Kommt durch einen herunterfallenden Ast
    eine Person oder Sache zu schaden, wird der Eigentümer verantwortlich gemacht, aber nicht
    die Gemeinde.

  4. Das ist eine Unverschämtheit, was die sich da in der Wentorfer Lohe erlauben!!!!

    Hier ein passendes Gedicht:

    Der Baum

    „Zu fällen einen schönen Baum,
    braucht’s eine Viertelstunde kaum.
    Zu wachsen, bis man ihn bewundert,
    braucht er, bedenkt es, ein Jahrhundert.“

    Eugen Roth (1895-1976)

  5. Danke für den ausführlichen Bericht über die Wentorfer Lohe. Diese unsinnige Waldabholzung ist wirklich ein Skandal! Den Tieren, z.B. Rehe, Füchse und Wildschweine, wird der Lebensraum immer mehr genommen. Da kann man sich wirklich fragen, was die Landesregierung in Kiel dagegen macht? An dieser Stelle mal ein Lob an die Grünen, die sich in diesem Wald-Skandal verstärkt engagieren.

  6. Es war ja zu dem Zeitpunkt nicht nur die Wentorfer Lohe die einfach abgeholzt wurde……
    Nur ein Stückchen weiter am Grenzweg(Neubörnsen beim Möbelpark) wurden etliche große gesunde Bäume in einer Nacht und Nebelaktion abgesägt.
    Dies diente garantiert nicht zur Verkehrsicherung…..
    Und unser „lieber Bürgermeister“ von Börnsen hat das auch einfach zugelassen….
    Na ja. Holz bringt eben jede Menge Kohle in die Kassen…….
    Wenn man das mitbekommt und machtlos dagegen ist, kann man wirklich das K…… kriegen.

  7. Das was dort auf der Lohe 2007/2008 mit unseren alten Eichen und Buchen passiert ist, bleibt leider in manchen Belegenheiten in Wohltorf, Reinbek und Aumühle gängige Praxis. Man schneidet die Kronen und Äste alter Eichen und läßt den Rest einfach stehen. Und ein erneuter Sicherheitsschnitt mit Hubsteiger im Oktober 2008 durch ein Subunternehmen der Bundesforst hat weiterhin mangelnde Sensibilität bewiesen: gesundes Holz ist abgesägt worden bis zu Höhen von 20 m und kranke Äste vom letztjährigen bundesforstlichen Einsatz hängen weiterhin. Da ist eine Schlußfolgerung auf ein neues Audit durch die FCS-Zertifizierungsstelle in Hamburg für die Lohe nur logische Konsequenz. Man darf gespannt sein auf das Ergebnis im Februar 2009.

  8. Am 22.1.2009 wurde ein FSC-Nachaudit durch Bundesförster Neuser, Hannover und Rost, Berlin mit dem Auditor Lange FSC-Hamburg vogenommen. UNB und Naturschutzwart Klaus Tomählen wurden ausgeladen. Man wollte unter sich sein. Das 21 seitige Gutachten mit 1 groben Fehler und 4 leichten Fehlern liegt nach mehrmaligem Anmahnen seit dem 23.3.2009 vor. Herr Forstoberamtsrat i.R. Peter Ohff aus Mölln, zuletzt auch stellvertretender Leiter der Kreisforsten Hzgt. Lauenburg, hat neben marginalen Bemerkungen auch einen Gesamtkommentar dazu verfaßt. Diese Fassungen gehen der FSC-Stelle in Hamburg in Kürze zu als Stakeholder-Eingaben, die gehört werden müssen.
    Der Naturschutzwart Klaus Tormählen wertet diesen Gutachten als Gefälligkeitsgutachten. Dr.Lutz Fähser aus Lübeck steht mit Peter Ohff auf gleicher Meinung:
    FSC macht so keinen Sinn.
    Wir dürfen gespannt sein auf die weitere Entwicklung, denn noch ist aus Nachhaltigkeitsgründen von der Bundesforst kein einziger Baum gepflanzt und auch die angemahnten Fehler nicht behoben, z.B Rückegassen wiederhergestellt.

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